Eine 5-Minuten-Meditation zur Mitte des 25. Psalms

Gnade sei mit euch, und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.

Bleibe deinem Namen treu, HERR, und vergib mir meine Schuld, sie ist so groß! Ps 25,11

Da nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben. Mk 2,5

Eine 5-Minuten-Meditation erbeten durch Euch

zur Mitte des 25. Psalms, dem 11. Vers

in Weisheit durchkomponierter Alphabeth-Psalm, 

Akróstichon, Verdichtung der Anfänge, 

wie beim bekannten Fisch – ΙΧΘΥΣ

Eine Meditation mit Anklängen an den Lehrtext, 

hinab durch’s löchrige Dach

und also mitten hinein auf die Matte des Gelähmten.

Alef, Beth und Gimel

Im Buchstabenspiel des Glaubens

dem Verlangen nach Dir, HERR

in deinem Namen, HaSchem, 

klingt an, was mich bewegt.

Und

Daleth, He und Waw 

Zeige deine Wege, deine Steige, durch’s Dach

und von deiner Hilfe erzählen, 

rein und lauter

und dir, dem Namen, HaSchem, leben, 

soll ich

will ich

dich lieben

von ganzem Herzen, mit ganzer Seele, 

aller Kraft und ganzem Denken.

So soll es sein, mein Amen.

Doch

Zajin, Chet und Tet

Im Buchstabenspiel des Lebens

ist viel Anderes der Weg, 

die Mitte

Es dreht und wendet und windet sich

in mir und durch mich

so oft ganz Anderes

Erfolg, Glück, Ehrgeiz, Nutz und Putz

Dreh- und Angelpunkt bei mir,

meinem Vertrauen

so matt, so schwach

meinem Ich, dem krummen Holz

Schuld und Last, 

Blei auf meinen Schultern

so schwer – und so groß

Aber

Jod, Kaph und Lamed

Bleibe deinem Namen treu, HERR,

und vergib mir meine Schuld, sie ist so groß!

Vergebung eröffnet 

Vergebung

Im Buchstabenspiel des Glaubens

ist dies nun das L,

die heilige Mitte

der Weg, die Steige,

der Dreh- und Angelpunkt

darum soll sich meine Existenz drehen

mit Dir, dem Namen. 

HaSchem, bleibe deinem Namen treu

Vergib

denn auf meine Treue allein

mag und kann ich nicht bauen

nur dir vertrauen

denn Heiligung des Namens klingt überall mit

HaSchem

Und von Herzen immer dein Name für mich:

Abba – lieber Vater!

So ist alles Gnade

in allem Vergebung

und so groß der Dennoch-Glaube

Wunder über Wunder.

Nun

Mem, Nun und Samech

Land, Wohnung und Zuflucht

Bund und Bindung

Matte und Mitte

bist du

von dir

zu mir

Brücke

Weg

und Freund

Denn

Ajin, Pe und Tzade 

Kommst mir ganz nah

schließlich

in der Menge

in meinen Nöten

durch’s Dach

in deinem Sohn

dem Menschen

in Kapernaum – und später in Jerusalem

im Leben

und im Sterben

nicht mir

sondern dir 

angehörend

auf dein Wort, Geistkraft, glaubend hörend

die lähmende Last abnehmend

das schwere Blei 

zu hellem Gold und Silber schmelzend

Kostbar bei dir

und wert gefunden

am Ende

und schon.

Höre

Qoph, Resch und Schin

Bewahre meine Seele und errette mich; 

lass mich nicht zuschanden werden, 

denn ich traue auf dich!

Also hinab durch’s löchrige Dach des Glaubens zu Dir

Krummes Holz

Du lässt es aufrecht gehen

mich die Matte meiner Mattigkeit nehmen

und nach Hause finden

schließlich und endlich.

Und Dann

Taw – und immer wieder Lamed

So etwas haben wir noch nie erlebt.

Aber dann schon. Und immer wieder.

Auf’s Neue.

Glaube öffnet Dächer

Vergebung eröffnet 

Vergebung

damit ich so zu dir kommen kann, wie ich bin. 

Und gehen.

Damals und jetzt und in Ewigkeit.

Amen.

„Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir.“ Apostelgeschichte 3, 6

Ansprache anlässlich der Verabschiedung von Frau Pfarrerin Annegret Helmer in der Martin-Luther-Kirche Alsdorf am 31. Dezember 2023

Liebe Schwester,
in diesem Gottesdienst verabschieden wir dich aus deinem Dienst als Pfarrerin der Christusgemeinde.
Wir danken Gott für deinen Dienst, für den Einsatz deiner Gaben und Kräfte, für deine Treue und Liebe. Du hast das Evangelium von Jesus Christus gepredigt und in vielfältigen Formen die Botschaft von Gottes Treue bezeugt. Dafür danken wir dir. 
„Nicht alles im Dienst einer Pfarrerin liegt vor Augen. Vieles geschieht im Verborgenen“, so heißt es in der Agende. Sie fährt dann fort: „Und doch können Früchte deines Wirkens wahrgenommen werden.“

Das sind kostbare, wichtige Worte an solchen Gelenkstellen, wie dem Abschied aus dem einen und dem Übergang in einen neuen Dienst.

Ich möchte heute an diesem besonderen Tag und unter den besonderen Umständen diese Worte mit Gedanken zu „Silber und Gold“ verbinden. 

Bergleute sind ja, wie das Steigerlied weiß, kreuzbrave Leut’., das heißt: überaus rechtschaffen, redlich, tapfer, untadelig. Aber vielfach auch kreuzfromme Menschen, Menschen, die wissen, dass ihr Leben und das ihrer Liebsten unter Tage von Zusammenhalt, Fleiß, Besonnenheit, Sachverstand und guter Ausbildung, aber eben auch von Gottvertrauen abhängt. Wer es mit den gewaltigen Mächten der Erde zu tun bekommt, der entwickelt Ehrfurcht vor der Schöpfung und dem Leben, denn er weiß von der Fragilität, der Verletzlichkeit des Lebens, und spürt, dass dies auch für die Seele gilt.

Bergleute fördern Bodenschätze zu Tage, im Steigerlied sind es „Silber und Gold“ – hier in Alsdorf und auch in Essen war es das Grubengold: die Steinkohle. Sie hat die Region reich gemacht, hat auch dazu geführt, dass im 19. und dann insbesondere im 20. Jahrhundert Evangelisches Leben entstehen und florieren konnte. Nicht zuletzt die Martin-Luther-Kirche ist ja Ausdruck dieses Auflebens in 20’er Jahren.

Was sind die Schätze, die wir in unserem Beruf als Pfarrerin, als Pfarrer heben? Was ist meßbar, sichtbar, kann gewogen und weiterverarbeitet werden, sind Früchte unseres Wirkens? 

Nun, manches mag uns zunächst in den Sinn kommen. Wir verrichten ja unser Tag- und Nachtwerk. In Gottesdienst, Seelsorge und Unterricht, im sozial-diakonischen Auftrag und im Engagement für das Gemeinwesen, wir werden wir gehört, tauchen auf, leisten unseren Beitrag. Das hast Du mit viel Einfühlungsvermögen, Kraft, Phantasie, Treue und Liebe auch hier in der Christusgemeinde getan. Du hast hier Spuren hinterlassen, hast angezünd’t „helles Licht bei der Nacht“.

Und „das wirft seinen Schein“: Ich schaue z.B. auf die Stühle hier im Gottesdienstraum. Menschen Raum geben, ihnen zu verstehen geben, dass sie dazugehören, Platz finden, von Gott angenommen und bei ihm geborgen sind. Manch Überraschung hielt dies für die Gemeinde bereit. Nur mal die Erinnerung an die Reformatorinnen, die unvermittelt wenige Wochen nach dem Amtsantritt hier in den Reihen auftauchten. Impulse setzen, Reaktionen auslösen. Nicht immer so, wie du dir das gewünscht oder vorgestellt hast. Plätze wurden auch wieder verlassen, oder blieben leer. Andere wurden neugierig, suchten das Gespräch und fanden in Dir eine kompetente Gesprächspartnerin. Manches, für das Du aus Überzeugung einstehst, mag auch störend und unbequem sein und bleiben. Aber auch das gehört zu unserem Auftrag.

Ja, für alles das sind wir dankbar.

Aber ist das „Erfolg“, sind das „Silber und Gold aus Felsenstein“, gleichsam neben den Ewigkeitskosten des Bergbaus eine Art Ewigkeitsertrag?

Der Fels, auf den unser Herr Jesus seine Kirche baut, Petrus kommt mir in den Sinn. Nicht nur, dass er der Überlieferung nach den Vers „Des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit“ (1.Petr 1,25) geschrieben hat, wie hier auf der Emporenbrüstung zu lesen ist.

Er sprach auch dem Mann, der gelähmt, wie er war, materielle Hilfe – ein Almosen – von Johannes und Petrus erbat, jenen Satz zu, der wie vielleicht kein anderer auf den Punkt bringt, was die Schätze des Himmels – nicht der Erde – sind, in deren Dienst wir uns stellen: „Petrus aber sprach: Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf und geh umher!“ Apg 3,6.

Die Füße und Knöchel des Gelähmten wurden fest, er sprang auf, konnte gehen und stehen und ging mit ihnen in den Tempel und sprang umher und lobte Gott. 

Gottes lebendiges Wort, Jesus Christus: Es läßt uns Menschen aufrichten, von der Auferstehung predigen, Trost spenden, mit den Fertigen ein Ziel suchen, den Sprachlosen ein Wort zusprechen, mit den Traurigen ein Lied singen, mit den Hungrigen das Brot brechen, mit den Einsamen unser Haus teilen. 

Silber und Gold haben wir nicht; was wir aber haben, ist Gottes Wort, das in Ewigkeit bleibt. Unsere Antwort ist das Gotteslob, das Te Deum, wie es uns gerade der Chor gesungen hat.

Mit deiner Berufung zur Pfarrerin im Kirchenkreis Essen übernimmst du nun neue Aufgaben. Die Menschen dort können sich auf Dich freuen – und sie tun es auch.

Dafür geben wir dich nun frei von den dienstlichen Verpflichtungen in dieser Gemeinde. Amen.

Du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.

Monatsspruch August 2023: Psalm 63,8 

Wenn während der „Hundstage“ jedes Jahr zwischen Ende Juli und Ende August die Sonne mittags am höchsten steht, wenn zugleich aufgeheizte „Luftmassen aus Südwest“ zu uns in die Eifel strömen, wenn also der Sommer seinen Höhepunkt erreicht, dann wissen wir ein kühles Plätzchen im Schatten zu schätzen. 

Was sich daran vielleicht nach sommerlicher Idylle anhört, kann aber auch in unseren Breiten jetzt schnell gefährlich werden. Steigende Temperaturen und Hitzewellen sind ja durchaus etwas, an das wir uns gewöhnen müssen. Alljährlich wiederkehrende, bedrohliche Wüstenzeiten sind das.

Solch bedrohliche Wüstenzeiten erlebe ich aber nicht nur verstärkt im Jahresverlauf, sondern kann sie auch im Verlaufe meines Lebens und Glaubens wahrnehmen. 

Wenn Leben und Glauben gelingen, dann wachsen mir Kraft und Zuversicht zu. 

Aber die Quellen können auch versiegen. Das, was eben noch grünt und gedeiht, kann schnell verdorren und vertrocknen. Ich erlebe im Leben und im Glauben Durststrecken, die von Zweifel, Niedergeschlagenheit und Enttäuschung geprägt sind. Auch so können Wüstenzeiten sein.

Der Beter des 63. Psalms – er wird David zugeschrieben – hat diese Wüstenzeiten gekannt. Und er spricht in ihnen von einer tiefen Sehnsucht nach Gott:

„Du bist mein Gott, den ich suche“

„Es dürstet meine Seele nach dir“

„Ich wollte gerne sehen deine Macht und Herrlichkeit“

„Wenn ich mich zu Bette lege, so denke ich an dich“

Und darin unser Spruch für den Monat August: „Du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.“ 

Der Vers spricht Bedürftigkeit aus, weiß darum, dass wir Hilfe nötig haben. Und er weiß, woher die Hilfe kommt. Nach Gott darf ich Ausschau halten, und finde Geborgenheit und Schutz unter dem Schatten seiner Flügel. 

Ich wünsche uns, dass Gott uns in unseren Wüstenzeiten helfend zur Seite steht und unsere Sehnsucht nach ihm stillt. Jetzt und immer wieder.

Es grüßt Sie herzlich, Jens-Peter Bentzin

Tired feet.

Maundy Thursday (Gründonnerstag) 2023 as ‚Visiting Pilgrim‘ at Halifax Minster

Grace to you and peace from him who is and who was and who is to come. Amen 

Dear brothers and sisters in Christ!

„How beautiful on the mountains are the feet of those who bring good news, who proclaim peace, who bring good tidings, who proclaim salvation, who say to Zion, ‘Your God reigns!’” Isaiah 52:7

Tired feet.

Tired pilgrim’s feet on Maundy Thursday – the first step in the so-called Easter triduum, the sacred period of three days between Maundy Thursday and Easter Day. 

Tired visiting pilgrim’s feet. Feet carry us to other places. Sometimes even to a foreign one.

So here I am. Well, Halifax Minster is of course not foreign to me. And I am happy to be here. With Max. And with Ture. And we’ve met old friends. 

And yet, this land to which we have made our pilgrimage has become stranger. The hurdles are more noticeable. The distances feel greater. Our limbs are more weary.

Personally I’ve been on pilgrimage for a while this year. Due to circumstances. And due to opportunities. 

In February, I served as a pastor in the „Haus der Stille“, the „House of Silence“, the meditation centre of our Rhineland Church.

There was much silence and prayer. The motto was: „I am tired. Tiredness as a spiritual entity“.

There is reason enough to be tired: The exhausting time of the pandemic. The devastating floods in the summer of 2021, which badly affected parishes not far from me in Germany. The war that is on our doorstep. Dramatic changes in the relevance of our churches to the society we live in.

The feet feel the burden they have to bear.

In March, my pilgrimage took me to a small North Sea island together with vicars from the Rhineland, Westphalia and Switzerland. We found ourselves in East Frisia, on the isle of Spiekeroog, part of Mesolithic Doggerland – an area of land, now submerged that once connected Britain to continental Europe. Now right on the border between the mud flats and the open sea, between late winter and early spring. Snow, rain, sun. Plus howling winds. And the vastness of the sky. The watchword here was „Catch your breath“. To feel God’s breath, which breathes life into us. 

What sustains me at these transitional points in ministry, in life?

Here, too, I felt the pilgrim’s feet in the sand, in the sea, in my personal story.

Finally, footsteps on the way to Halifax. We stopped in Cambridge on Tuesday. I was ordained there almost exactly 30 years ago.

We visited the place where Martin Bucer was buried in Great St. Mary’s. Martin Bucer, contemporary of Martin Luther, one of the great Church reformers – he also worked in the Rhineland. In the 16th century, he drafted a church constitution for the Electorate of Cologne, which was rejected. Political circumstances prevented the ideas of the Reformation from taking hold in Cologne and the surrounding area. Bucer had to flee Germany because of danger to life and limb, and found asylum in England. Thomas Cranmer, who was Archbishop of Canterbury under Henry VIII, ensured that he could continue his reforming efforts here in safety. He brought the Cologne Church Order with him. And it seeped into the Anglican Book of Common Prayer, drop by drop.

Another small footprint: a booklet, dated 1815: Laudes Britanniae Magnae, de Germanorum libertate.

It was written by one of my predecessors, Maximilian Friedrich Scheibler – like me, a Lutheran pastor in Monschau. In 1815 he praised Great Britain for supporting the Prussians, Austrians and Russians in their war against Napoleon. In Germany, the booklet was lost in the bombing raids of the Second World War. At Cambridge University Library it survived. After years of research I held it in my hands excitedly and gratefully. 

So this is how we discover footprints of the common past of our countries and churches, lives and personal stories – footprints that connect.

And now – here we are.

Refreshed this morning at the moving and powerful Chrism Mass at Wakefield Cathedral. The promise, pledged in ordination, renewed. 

The weary pilgrim’s feet, bearing the burden of the past years, decades and centuries, will be fortified tonight. Foot washing as a sign of hospitality in a distant land after a long journey through time.

This week, may we be strengthened in our pilgrimage as we journey with Jesus through time. 

We will of cause pause at intervals. Listening to how exhaustion finally overcomes us. Insufficient faith paralyses us. Fear overwhelms us. We will experience how Jesus precedes us into death. How, in suffering, he bears all burdens on our behalf, takes away our guilt. We will hear that we are not yet lost. 

On Easter morning than, the path of fear to the empty tomb. The path of joy from the tomb to the good news of life, against all expectations. 

But – we have not yet reached the end of our pilgrimage. We still have to struggle on and catch our breath.  

Our feet require strength, just like those of the disciples. If they had continued to wander on as they thought fit, they would have become hopelessly lost. But because God did not abandon them, they stayed on track. 

And this also applies to us: reconciliation and forgiveness, love that unites, feet that carry us into a foreign land – and remind us that we are all God’s creatures, great and small, family, friends, strangers and outsiders.

It is part of the nature of the God in whom we believe that God is one who led his people out of oppression, out of slavery in Egypt, into freedom. The commandment to protect is therefore also explicitly rooted in this story of liberation.

„Do not oppress a foreigner; you yourselves know how it feels to be foreigners, because you were foreigners in Egypt.“ (Ex 23:9). 

This leads us directly to the essence of Jesus‘ ethics.: the Golden Rule: „So in everything, do to others what you would have them do to you, for this sums up the Law and the Prophets.“ (Mt 7:12).

When we on our pilgrimage gain insight into the situation of vulnerable foreigners, and empathise with them, it becomes evident to us they should be treated with esteem and respect. 

When we see „foreigners“ around us in need of help, we can truly feel what the Golden Rule means – being on a pilgrimage together. 

Tired feet in a foreign land, and yet together on the path of discipleship – the feet of those who bring good news, who proclaim peace, who bring good tidings, who proclaim salvation, who say to Zion, ‘Your God reigns!

May the reigning God help us recognise this as true and life-giving, most especially in our troubled times. Amen.

And the peace of God, which surpasses all understanding, will guard your hearts and your minds in Christ Jesus.

Amen.

Maundy Thursday, 06.04.2023 at Halifax Minster, Jens-Peter Bentzin

Sara aber sagte: Gott ließ mich lachen.

 – Monatsspruch Februar 2023 –

Beim Nachdenken über den Monatsspruch für den Februar 2023 klingt in mir eine Frage an: „Hört bei Gott der Spaß auf?“ Religion und Kirche, das sind ja für viele Menschen sicherlich sehr wichtige Dinge. Das gilt es ernst zu nehmen. Sicherlich.

Aber zwischen einem herzlichen, von Herzen kommenden Lachen und zum Beispiel dem Gefühl des Lächerlichseins oder gar der Tat des Lächerlichmachens liegt doch wohl ein Unterscheid. Vielleicht sogar ein himmelweiter. Hoffe ich.

Beim Prediger im Ersten Testament heißt es: „Es gibt eine Zeit zum Lachen, eine Zeit zum Weinen, eine Zeit zum Trauern.“ Lachen gehört zu meinem Menschsein wie meine Fähigkeit zu weinen oder zu trauern. Und all dies ‚mache‘ ich nicht, indem ich es mir vornehme. Das funktioniert nicht. Lachen, Weinen und Trauern ‚passieren‘ mir. Wie bei Sara.

Die schöpferische Geistkraft Gottes lässt Sara im ersten Buch Mose lachen. Ein Kind sollte sie bekommen – und das in ihrem und ihres Mannes Abraham hohen Alter! „Lächerlich!“ war wohl die Reaktion mancher auf die Ankündigung jener drei geheimnisvollen Männer im Hain Mamre, die mit der Stimme von Gottes Geistkraft sprachen. 

Weiter hätte der Abstand zwischen dem nach der Erfahrung Erwartbaren und dem Verheißenen nicht sein können. Und doch passiert es. Isaak wird geboren, wächst heran und wir einer der „Erzväter“ des Volkes Gottes, also auch unser Urahn im Glauben.

Diesen himmelweiten Abstand, das Absurde, die Realität auf den Kopf Stellende nimmt Saras Lachen auf, findet in ihrem Lachen den einzig akzeptablen Ausdruck. Nicht ‚lächerlich‘ ist das, was Gott uns zutraut, sondern ‚freundlich’, ‚zugewandt‘ und ‚liebevoll‘. Wie sollte ich, wenn ich dies höre, nicht zumindest lächeln. Oder eben gleich lachen. 

Denn Gott hat Humor. Muss er auch haben, wenn er mich recht betrachtet, fürchte ich.

Humor bedeutet, auch immer etwas zu hinterfragen, etwas neu zu deuten, etwas umzudeuten. Die Wirklichkeit, die ich mir ausmale, ist nicht die Wirklichkeit, die Gott mir schenkt. Er schenkt mir manchmal sogar richtige. himmelweite Wunder. Das Lachen befreit mich dazu, diese zu sehen und anzunehmen.

Dieses befreite und befreiende Lachen, das die Welt in ihrer Wirklichkeit und Tragik nicht vergisst sondern ernsthaft in den Blick nehmen lässt, das wünsche ich uns von Herzen.

Es grüßt Euch herzlich, Jens-Peter Bentzin

Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem HERRN, denn er kommt, um die Erde zu richten.

1.Chronik 16,33 – Monatsspruch August 2022 –

Geht es uns also dann doch an den Kragen? 

Die Bäume, leidgeprüft, Opfer von Raubrodung, Monokultur, andauernder Trockenheit durch Klimaveränderung oder schlicht menschlicher Ignoranz, bekommen schließlich Recht. Und wir bekommen, was wir verdienen.

Das könnte für uns also recht ungemütlich werden.

Und wer wollte bestreiten, dass unser Verhalten, unser Umgang mit der uns anvertrauten Schöpfung wirklich manches zu wünschen übrig lässt? Wir ringen zögerlich um Klimaziele, ächzen unter den kalkulierten Kosten und schieben die Verantwortung gerne auf andere oder anderes, statt uns der Aufgabe zu stellen. Sollten die Bäume also nicht zu Recht jubeln, dass alles dies nun offenbar wird und Gott für Besserung sorgen wird?

Der Jubel der Bäume aus dem „Danklied David“ in der Hebräischen Bibel, dem sogenannten Alten Testament fügt sich in die Freude des Himmels und die Fröhlichkeit der Erde, in das Brausen des Meeres und was darinnen und in die Fröhlichkeit des Feldes und alles dessen, was darauf ist, in den Dank- und Lobgesang des Volkes für die Freundlichkeit und Güte Gottes angesichts von Bewahrung vor Gefahr.

Die Bundeslade, eine Truhe aus Akazienholz und Gold war zuvor vom König David nach Jerusalem gebracht und in einem Zelt aufgestellt worden. Sie enthielt die Steintafeln mit den Zehn Geboten, sichtbares Zeichen des bleibenden Bundes Gottes mit den Menschen.

Nun feiert alles, was ist, Gottes ganze reiche Schöpfung, diesen Bund. Die Zehn Gebote – sicht- und hörbar unter uns – sind mehr als ein altertümliches Gesetzeswerk. Sie sagen und zeigen, was bleibend richtig ist. 

So ist der Gedanke des die Erde richtenden Gottes in den Zusammenhang mit der Ausrichtung der Zehn Gebote auf ein richtiges, gelingendes Leben zu sehen: Keine anderen Götter machen und haben, Seinen Namen nicht missbrauchen, den Feiertag heiligen, Vater und Mutter ehren, nicht töten, nicht ehebrechen, nicht stehlen, nicht lügen, nicht haben wollen, was anderen gehört.

Wenn wir uns daran hielten, der Jubel der Bäume würde uns nicht beunruhigen, sondern wir könnten unbeschwert mit einstimmen und sagen: Lobe den HERRN!

Gottes Geschichte mit uns, sie ist wahrhaftig leidgeprüft. Und wir schneiden mit unserem Verhalten tatsächlich immer wieder nicht wirklich großartig und glänzend ab. Im Gegenteil. 

Und doch dürfen wir uns mit freuen, denn Gottes guter Wille für uns ist nicht an ein Ende gelangt. Im Gegenteil.

In Jesus Christus – im Kreuz aus dem Holz der jubelnden „Bäume des Waldes“ – hat sich Gott abermals mit uns verbunden, wohl wissend um unsere Kleingläubigkeit und Unvollkommenheit, um unsere Neigung zu Ausreden und zu schnellen Entschuldigungen. 

Weil wir so so sind, wie wir sind, lässt Gott uns nicht. Nie. Damit wie werden können, wie wir sein sollen. Immer wieder.

Lasst uns also mit den Bäumen jubeln!

Es grüßt Euch herzlich, Jens-Peter Bentzin

Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf das Warten auf Christus.

Monatsspruch November 2021 – 2. Thessalonicher 3,5

Die immer kürzer werdenden Tage, das fallende Laub, die ersten Fröste deuten es an: Ein abermals für Viele sehr ungewöhnliches und kräfteraubendes Jahr neigt sich bald seinem Ende zu.

Unsicherheiten allerorten, die Nichtplanbarkeit ist schon fast Normalität geworden. Noch immer ist die Pandemie nicht überwunden, die Flutereignisse des Sommers sind nicht vergessen, die Sorge um den Klimawandel begleitet uns… – alles dies lässt unser Herz eher bange werden und unseren Blick im Warten auf das, was kommt, nicht leicht nach vorne ausrichten.

Da hinein spricht für mich die Losung für den Monat November.

Da wird keine sichere Zukunft, keine Planbarkeit in Aussicht gestellt, sondern vielmehr Mut gemacht, sich auf etwas ungeheuer Dynamisches und Kraftvolles auszurichten, nämlich auf die Liebe Gottes.

Was da zunächst möglicherweise sehr abstrakt klingt, kann doch sehr konkret und real erlebt werden. 

Am Ende des Kirchenjahres zum Toten-, zum Ewigkeitssonntag hin, sind wir eingeladen, in unseren Gottesdiensten unsere Verstorbenen noch einmal liebevoll in den Blick zu nehmen, ihre Namen auszusprechen, eine Kerze für sie zu entzünden. Die Liebe Gottes, sie nimmt so Gestalt, bringt sich zu Gehör, wird spürbar und begreifbar.

Und zu Beginn des neuen Kirchenjahres bereiten wir uns im Advent darauf vor, dass die Liebe Gottes in Jesus von Nazareth, dem Kind in der Krippe Mensch geworden ist. In den alten Geschichten und Liedern, den Traditionen, dem Zusammenkommen von Familien und Gemeinde im Advent und an Weihnachten können wir erleben, wie diese Botschaft es alle Jahre wieder schafft, auch die größte und tiefste Dunkelheit zu durchbrechen. Die Liebe Gottes – in Christus erscheint sie uns und der ganzen Welt.

Mich tröstet es, dass uns dies bei allen Unsicherheiten und Sorgen bleibt, dass mein Herz nicht an dem Planbaren hängt, sondern sich so ausrichten kann auf die Liebe Gottes. 

Das wirkliche Warten auf’s Christkind – es ist mindestens ebenso schön, wie die Bescherung unter dem Weihnachtsbaum.

Es grüßt Euch herzlich, Jens-Peter Bentzin

Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen.

Buch der Sprüche 31,8 – Monatsspruch Mai 2021

In der Bibel gilt jemand als „weise“, wenn sie oder er etwas richtig und meisterhaft tun kann. Vor allem aber zeigt sich die Weisheit in der Fähigkeit, zu erkennen, wie Ursachen und Wirkungen im eigenen Leben und im Zusammenleben der Menschen zusammenhängen, und wie man das eigene Leben und das der Gemeinschaft gestalten soll. Letztlich geht es bei Weisheit darum, zu erkennen, wie Welt und Leben eigentlich geordnet sind und wie der Mensch sich diesen Ordnungen am besten einzufügen hat – zum eigenen Wohl und zum Wohl aller.

Für die Menschen der Bibel stand seit jeher fest: Alle Weisheit kommt letztlich von Gott. Gott ernst zu nehmen ist der Anfang aller Weisheit.

Wie weise, wie richtig und meisterhaft sind wir als Gesellschaft, als Einzelne, als Kirche und Gemeinde bisher durch die Zeiten der andauernden Pandemie gekommen? Haben wir Gott darin ernst genommen?

Die Antworten auf diese Fragen fallen fast zwangsläufig sehr unterschiedlich aus. Die Pandemie beschreibt einen langen Lernweg, der noch nicht abgeschlossen ist. Medizinische, naturwissenschaftliche und gesellschaftswissenschaftliche Erkenntnisse bestimmen den Alltag, konkurrieren dabei aber immer auch mit politischen Erwägungen über das Durchsetzbare – und auch mit dem von jeglicher Objektivität abgehobenen Empfinden bis hin zu abstrusen Verschwörungstheorien.

Ich glaube, es tut uns in diesen schwierigen Zeiten gut, auf die Stimme der über zweitausend Jahre alten biblischen Weisheit zu hören, denn daraus kann immer noch reichlich Erkenntnis fließen.

Richtschnur im Verhalten und im Hören auf Gottes Wort ist: Eintreten für die, die keine Stimme haben, deren Recht bei aller Schwachheit leicht vergessen wird, zum eigenen Wohl und zum Wohl aller.

Das heißt für uns in unserem Land, sich um die zu sorgen, deren Situation durch die Auswirkungen der Pandemie noch schwieriger geworden ist: Alleinerziehende, Kinder, Einsame, Menschen in prekären Arbeits- und Lebensverhältnissen.

Das heißt mit Blick auf die Welt in der wir leben, mit dafür zu sorgen, dass Menschen in den Ländern zu ihrem Recht kommen, in denen es kaum flächendeckend funktionierende Gesundheitssystem gibt, die weiterhin unter Krieg, Terror, Naturkatastrophen oder den menschengemachten Auswirkungen der Klimaerwärmung leiden. 

Eine gerechte, von nationalen Eigennutzerwägungen freie, globale Verteilung der Covid-19-Impfstoffe gehört ebenso dazu wie erneute Anläufe zur Beendigung mörderischer Konflikte, wie sie z.B. in der Ukraine, in Libyen, Äthiopien, Somalia, Irak oder Afghanistan immer wieder aufflammen.

Und auch dies gehört dazu: die Bereitschaft, hier in unseren Dörfern und Ortschaft friedlich, verständnisvoll und fürsorgend miteinander umzugehen.

Dass uns das gelingt, das wünsche ich uns sehr.

Es grüßt Euch herzlich, Jens-Peter Bentzin

Seht auf – und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.

Predigt im Gottesdienst zur Einführung der neuen und Verabschiedung der alten Mitglieder des KSV Aachen in der Auferstehungskirche Aachen

Lukas 21,28b 

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.

Das Wort. Das ist heute Abend die Hauptsache. 

Der Spruch für die Woche nach dem zweiten Advent

Seht auf – und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.

Überhaupt Hauptsache im Advent 2020 – und das darin wirklich Aufsehen Erregende. Ausschauen auf das, worauf wir warten. In diesem Jahr ahnen wir, was auf etwas warten heißt – sehnsüchtig, ungeduldig warten.

Es naht. Aber noch will Nähe uns nicht umfassen. Noch weichen wir der Nähe aus. Zuviel Nähe kann tödlich sein, haben wir gelernt. 

„Seht euch vor“, statt „Seht auf“ ist noch das Planen dieser Tage.

Aufsehen erregende Nachrichten? Hauptsache Distanz, Infektionsvermeidung, Inzidenz und Impfstoff.

Noch sind wir in all dem Aufregen, Aufgeben, Aufhalsen, Aufreiben, Aufhören. 

Noch sind unsere Pläne durchkreuzt. Noch wartet es in uns.

In der Höhle. In der Leere. In Dunkelheit. In Fluchten. Im Stroh. In Einsamkeit. Ohne Bergendes. 

Doch schon hören wir.

Seht auf – und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.

Aufsehen erregende Nachrichten nähern sich. 

Aufatmen, Aufhorchen, Aufkreuzen, Aufkeimen, Aufscheinen, Aufleben, Aufsehen folgt.

Seht auf – und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.

Im Wunder. In Fülle. In Wärme. Im Licht. Im Jubel. Im Chor. Im Kind.

„Fürchtet euch nicht!“ werden wir hören und sehen. Und Hören und Sehen werden uns nicht vergehen. Wie den Hirten. Die kehrten um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war. 

Das war die Hauptsache.

Und nun jetzt: Richtet euch auf. Richtet euch aus. Das, was verkrampft, in sich verdreht, still und starr liegt wie der See, es wird sich lösen, in Bewegung und in Fluss geraten. Und euch mitnehmen.

In der Mitte der Nacht, in der Mitte der Zeit entspringt ein Wunder, die Quelle neuen Lebens. Und gebar ihren ersten Sohn. Am Anfang war dies Wort.

Die Hauptsache.

Denn Gott kommt uns hautnah und auf Haaresbreite, er entfesselt und erlöst. Er richtet uns auf – und aus.

Seht auf – seht auf ihn – seht auf euch – seht euch an. Kommt ihm mit dem Herzen nah. Befreit einander aus den Fesseln der Verhärtung. Nehmt einander an – und Rücksicht. Lasst Frieden sein.

Denn das ist Hauptsache.

Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde.

Zur Hauptsache verhandelt und verbunden.

Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter.

Als wahre Hauptsache.

Und sie heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf dass ihre Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass sie’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. 

Also: Seht auf – und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.

Du, Kreissynodalvorstand, freue dich sehr, und du, Kirchenkreis Aachen, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin. 

Unsere Pläne durchkreuzt er wohl. Alle Jahre wieder. Denn er ist jedes Jahr wie neu geboren. Zunächst im Stroh, dann auf dem Esel, endlich am Holz. 

In allem erzählen wir stets die selbe Hauptsache voller Wunder und Aufsehen. Aufreißend, was uns verschließt. Die Liebe gebärend. Uns offen der Himmel. Wir offen für Gott.

Und so, o Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf, reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloss und Riegel für.

Amen.

„Wenn du schnell sein willst, geh allein. Wenn Du weit kommen willst, geh mit anderen zusammen.“

Vorstellungsrede zur Kandidatur als Skriba vor der Kreissynode Aachen 2020

Hohe Synode, mein Name ist Jens-Peter Bentzin und ich bewerbe mich um das Amt des Skriba. 

Was mich dazu bewogen hat, was ich mitbringe und wo ich mich engagieren möchte, habe ich in der kurzen schriftlichen Vorstellung bereits beschrieben. Das möchte ich jetzt nicht wiederholen.

Ich möchte vielmehr etwas Persönliches sagen über mich – und darüber, wie ich Leitung und Kirche sehe, darüber, wie ich sie verstehe und leben möchte.

Ich finde im Nachdenken darüber Anregungen in einer Anekdote und in einem Sprichwort.

1. Zunächst die Anekdote.

Vor wenigen Wochen fand in Nordengland, in der anglikanischen Diözese Leeds, zu welcher Aachens Partnerstadt Halifax gehört, die jährliche Synode statt – auch per Zoom übrigens. Der dortige Bischof Nick Baines eröffnete die Synode wie üblich mit einer Ansprache. Und in ihr erzählte er folgende kleine Geschichte: 

„Ich erinnere mich, dass ich in Cambridge ein Führungstraining für Bischöfe absolviert und unseren Dozenten in der Warteschlange zum Mittagessen gefragt habe, wie sich die Arbeit mit Bischöfen im Vergleich zu den üblichen Kunden der Schulungseinrichtung verhält – leitende Angestellte, Vorsitzende großer Unternehmen, Unternehmensleiter. Der Dozent sagte: ‚Es gibt zwei Dinge, über die diese nicht sprechen: Scheitern und Tod.‘ ‚That’s funny‘, antwortete ich, ‚that’s where we start – Das ist ulkig, hier fangen wir an.‘“ Soweit Bischof Nick.

Und es stimmt. Wir als Kirche sind nicht die Gemeinschaft der Perfekten und sollen sie auch in der Leitung auf allen Ebenen nicht vorgaukeln. Wir sind endlich. Begrenzt. Wir scheitern, werden aneinander schuldig, versäumen es, einander in liebender Geschwisterlichkeit zu begegnen. Viele ernüchtert dieses Alltagsgesicht von Kirche. Ich verstehe das. Aber es tröstet mich auch. Denn es heilt mich von Machbarkeitsphantasien. Und predigt mir Barmherzigkeit, diesen kostbaren Schatz des Glaubens.

Paulus das bekanntermaßen und sehr treffend so ausgedrückt (2. Kor 4,7): „Wir tragen diesen kostbaren Schatz, obwohl wir nur zerbrechliche Gefäße sind.“

Aus Gottes lebendigem Geist, dem Geist der Vergebung und des neu geschenkten Anfangs in Christus haben wir in der Kirche die Chance, gemeinsam auch und gerade als fehlende, versagende und begrenzte Christenmenschen – eben als zerbrechliche Gefäße – dieses fragile, wunderbare, verrückte und immer noch so wichtige Projekt Kirche zu gestalten und zu leiten.

2. Zweitens: ein Sprichwort. 

Im Internet habe ich es irgendwo gelesen. Und wenn es kein afrikanisches Sprichwort ist, wie es dort hieß, dann ist es zumindest gut und passend erfunden:

„Wenn du schnell sein willst, geh allein. Wenn Du weit kommen willst, geh mit anderen zusammen.“

Ich beziehe das auf Jesus und seinen Rat aus der Bergpredigt: „Und wenn dich jemand zwingt, eine Meile mitzugehen, so gehe mit ihm zwei.“ (Matthäus 6, 41)

Die „zweite Meile“ ist so etwas wie eine Richtschnur für mich geworden.

Sie ist ja nicht nur Verzicht oder asketische Übung. Ganz im Gegenteil – die zweite Meile enthält viele Chancen. Wir kommen miteinander ins Gespräch. Die Motive werden geklärt. Standpunkte werden nicht einfach nur ausgetauscht, sondern im wahrsten Sinne des Wortes in Bewegung gebracht. 

Das kann sogar Kritiker, Skeptiker und Querulanten, die mich eigentlich nur in ihre Spur, auf ihre eine Meile zwingen wollen, nachdenklich machen. Es können aus Feinden tatsächlich Freunde werden und gemeinsam auf dem Weg bleiben.

Und es sind solche Erfahrungen mit Kirche, die zwar besonders kostbar, aber auch gar nicht so selten sind. Es steht dann nicht in der Zeitung, es wird still im Alltag erlebt. 

Dabei kann die zweite Meile sehr schweißtreibend und geschäftig sein – aber auch sehr still und in sich gekehrt. 

3. Aber so möchte ich schließlich Leitung leben

Ich kenne das. Oft muss ich mich erst lange beraten – beim Laufen, im Gebet, im Gespräch – ich weiß, dass ich mich auf meine Intuition längst nicht immer verlassen kann. Ich weiß um meine Grenzen und brauche dann meine Zeit.

Da gefällt es mir sehr gut, dass unser Bischofsamt, dass Leitung in unserer Kirche kollegial, kollektiv, geschwisterlich ausgeübt wird. Dass das sehr gut funktioniert, habe ich in unserer Kirche an vielen Stellen schon oft erlebt. Und ich freue mich sehr, dass Sie dem Superintendenten gerade erneut Ihr Vertrauen ausgesprochen haben!

So gehen wir gemeinsam, um weit zu kommen.

Davon möchte ich mich in der Leitung gut leiten lassen, in meinen Grenzen, aber auch mit meinen Gaben und Fähigkeiten – und würde mich über Ihr Vertrauen für diesen gemeinsamen Weg sehr freuen. 

Vielen Dank!